Antrag

Antisemitismus in Thüringen konsequent bekämpfen

Wird der politische und gesellschaftliche Verantwortungskonsens gegenüber der eigenen Geschichte und gegenüber dem Staat Israel aufgekündigt, wird die Holocausterinnerung abgewehrt, werden mit dem Holocaust verbundene historische Begriffe für aktuelle politische Fragen umgedeutet, dann werden die erreichten Erfolge der Vergangenheitsaufarbeitung vor uns und vor der Welt infrage gestellt.

Der Kampf gegen jede Form von Antisemitismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Er kann nicht allein staatliche Aufgabe oder gar Aufgabe der in Deutschland lebenden jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sein. Demokratische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen müssen deutlich machen, dass es für antisemitische Ansichten – auch in ihren eigenen Reihen – keinen Platz gibt.

Jede Form von Antisemitismus ist beschämend für uns alle – gleichgültig, ob strafbar oder nicht, ob politisch, religiös oder rassistisch motiviert. Jeder Versuch, die Würde eines Menschen zu verletzen, stellt das Zusammenleben in Thüringen und Deutschland insgesamt infrage und wird von uns nicht geduldet.

Antisemitische Schmierereien im öffentlichen Raum, Verwüstungen jüdischer Friedhöfe, judenfeindliche Anfeindungen auf der Straße, Hetze in sozialen Medien – all das ist für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, auch in Thüringen, schon wieder zur traurigen Realität geworden. Seit Jahren belegen der Thüringen-Monitor oder bundesweite Erhebungen, wie die „Mitte Studie“: Antisemitische Einstellungen sind längst keine Randerscheinung mehr. Der letzte Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus des Bundes im Jahr 2017 offenbart, wie weit antisemitische Einstellungen und Verhaltensweisen in allen gesellschaftlichen Milieus greifen.

Es gibt spezifische Formen des Antisemitismus: etwa religiösen Antijudaismus, rassistischen Antisemitismus, antizionistischen Antisemitismus, sekundären Antisemitismus; sie reichen von Boykott-Kampagnen (zum Beispiel von „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen für Palästina“) über die Ablehnung erinnerungskultureller Verantwortung und die Konstruktion jüdischer Verschwörungen bis hin zu doppelten Standards in Bezug auf israelische Politik oder Verharmlosung von antisemitisch motiviertem Terror. Als weitere, aktuell präsente Ausprägung ist muslimischer Antisemitismus für jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in Deutschland spürbar. Gleichwohl ist festzuhalten: 90 Prozent der antisemitischen Straftaten werden aktuell als politisch rechts motiviert eingeordnet – eine Fokussierung allein auf muslimischen Antisemitismus würde also die gesellschaftlichen Zustände ignorieren und beschönigen.

Antisemitische Einstellungen, Klischees, Vorurteile und Gewalttaten sind daher eine Herausforderung für unsere gesamte Gesellschaft. Sie sind in allen gesellschaftlichen Milieus vorhanden, in allen Bildungsschichten, in allen religiösen und politischen Strömungen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Schoah – der Entrechtung und industriellen Vernichtung von sechs Millionen Juden – trägt Deutschland eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus und für die Existenz des Staates Israel. Es gilt eindeutig, gegen jeden Antisemitismus einzutreten. Unsere Anforderungen an Integration müssen deshalb auch darauf gerichtet sein, die besondere Verantwortung unseres Landes gegenüber jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Deutschland und gegenüber dem Staat Israel deutlich zu machen.

Wer jüdisches Leben in Deutschland ablehnt, wer die Erinnerungs- und Gedenkkultur an die Schoah infrage stellt, wer von „Schuldkult“ oder vom „Denkmal der Schande“ in Bezug auf das Holocaustmahnmal in Berlin spricht oder das Existenzrecht Israels infrage stellt, wird auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen.

DRS65415 CDU_r2g_Antisemitismus in Thüringen konsequent bekämpfen